Mittwoch, 30. September 2009

X-Bow - Schiff der Zukunft?

Erste Ideen und Entwicklungsversuche des nach hinten geneigten Bugs (später X-Bow® genannt) hatte man bei Ulstein in Norwegen bereits 2001. Ziel war es eine sichere Lösung zum Ankerziehen, Schleppen und Bohrinselnversorgen zu entwickeln. Die Ulstein Design AS hatte die neue Rumpfform 2004 entwickelt. Nachdem erste Modellversuche im Frühjahr 2005 von Marintek in Trondheim durchgeführt wurden, konnte das viel versprechende Projekt am 4. April 2005 der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Fast zur gleichen Zeit unterzeichnete die Ulstein Værft und Odim (SAHS) mit Bourbon Offshore Norway einen Vertrag zum Bau des ersten Schiffs vom Typ AX104. Bourbon ist eine große, französische Reederei welche zurzeit über 130 Schiffe besitzt. Im Rahmen eines Sanierungsprogramms wurden nun nochmal 100 neue Schiffe verschiedener Klassen bestellt.

Schon Ende 2005 war der in Polen gefertigte Rumpf fertig und konnte kurze Zeit später in die in Ulsteinvik / Norwegen ansässige Værft geschleppt werden. Am 24. Juni 2006 war es nun soweit. Der 86,2m lange Riese wurde getauft auf den Namen:
BOURBON ORCA


Was ist das Besondere am AX 104 Bourbon Orca?
Das Besondere an diesem Bautyp ist die ungewohnte Bugform. Marintek erkannte schnell wie ruhig dieses Schiff selbst bei hohem Wellengang im Vergleich zu anderen Schiffen fährt. Trotz der äußerlich bullig wirkenden Front bietet der Bourbon Orca weniger Angriffsfläche und hat so einen viel geringeren Widerstand als herkömmliche Formen. Bei gleicher Geschwindigkeit kann man so Treibstoff sparen und selbst bei höheren Geschwindigkeiten liegen die Vorteile im Komfort auf der Hand.

Einige werden sich schon fragen was es mit dem oben genannten Odim (SAHS) auf sich hat. SAHS steht für "Safe Anchor Handling System" und bezieht sich weniger auf die Bugform sondern vielmehr auf das Heck des Schiffs. Bourbon hat ein Schiff zum Ankerziehen bestellt. Das bedeutet man brauch im hinteren Teil des Schiffs eine große "Ladefläche" (Main-Deck genannt) sowie eine Heckrampe zum Be- und Entladen des Schiffs auf hoher See. Die in Hjørungavåg / Norwegen ansässige Firma Odim ist bekannt für stabile und zuverlässige Hydrauliksysteme in vielen Branchen. Ulstein hat speziell für dieses Projekt eine Forschungs- und Entwicklungs-Partnerschaft mit Odim. Die vollkommen neue SAHS Heckrampe hat den Vorteil selbst bei hohem Wellengang und schwierigen Manövern verwendet zu werden. Auch für die Besatzung ist es nun viel einfacher. Steuern lässt sich die Rampe nicht wie bisher nur an der Rampe selbst, sondern zusätzlich auch Ferngesteuert von der Brücke. Dadurch kann die Aktion "Mann über Board" deutlich verringert bzw. vermieden werden.
Angetrieben wird der grüne Gigant von vier Dieselmotoren 6L32 der Firma Wärtsilä. Jeder dieser Motoren leistet bei ca. 720 U/min. 2880 KW und überträgt diese an Generatoren welche den Strom für die elektrischen Ruderpropeller am Heck, Bugstrahlruder, den einziehbaren Ruderpropeller am Bug sowie die restlichen Stromverbraucher an Board erzeugen. Falls dieser erzeugte Strom nicht Anforderungen nicht genügt gibt es nochmal zwei Dieselmotoren 9L20 mit je 1665kW bei 900 U/min. die bei Leistungsmangel automatisch gestartet werden. Ein Computer überwacht diesen Vorgang, regelt die Drehzahlen und startet bzw. schaltet die Dieselmotoren ab - je nach Anforderung und Strombedarf. Im Havariefall bzw. auch für den Hafenbetrieb steht als siebter und kleinster Dieselmotor ein Cummins Aggregat mit 315kVA zur Verfügung der die wichtigsten Geräte (z.B. Funk, Sanitäre Anlagen, Licht) am Leben erhält.

Hier zur Info nochmal eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Daten:
Länge ü.A.: 86,20m
Länge zw. Loten: 77,00m
Breite auf Spant: 18,50m
max. Pfahlzug: 183t
max. Geschwindigkeit: 17,1kn (31,7 Km/h)

Das folgende Video ist eine Zusammenfassung über die Entstehung des AX104 Bourbon Orca's. Vielleicht sieht man Schiffe dieser Art zukünftig auch bei uns öfters. Aber was es damit auf sich hat und warum die so seltsam aussehen wisst Ihr ja jetzt ;-)

1 Kommentar:

Dominik hat gesagt…

So erlebt in gewisser Weise eine alte Schiffsbauform eine Renaissance - bis ins frühe 20. Jahrhundert hatten viele Kriegsschiffe prinzipiell ähnlich geformte Bugpartien, die sich noch von dem Rammbug der Antike herleiteten. Interessant ist aber auch, dass die USA in Form der Zumwalt-Klasse ebenfalls einen Schiffstyp mit einer solchen Bugform einführen wollen - womit dann auch der Kreis zu den alten Kriegsschiffen wieder geschlossen wäre.